Wolframfaserverstärktes Wolfram
Im IPP wurde ein neuartiger, widerstandsfähiger Verbundwerkstoff entwickelt: wolframfaserverstärktes Wolfram. Er besteht aus reinem Wolfram, in das beschichtete Wolframdrähte eingebettet sind.
Mit seiner einzigartigen Kombination von Eigenschaften ist Wolfram ein vielversprechender Kandidat für Bauteile, die in einem zukünftigen Fusionskraftwerk dem Plasma direkt zugewandt sind. Nachteilig ist jedoch die hohe Sprödigkeit des Materials, das bei Belastung brüchig und schadensanfällig wird – ein Problem, das die Nutzung erheblich einschränkt.
Ein möglicher Lösungsansatz ist, im Wolfram Strukturen zu schaffen, die eine lokal auftretende Spannung verteilen und so eine Art Zähigkeit gewähren können, also einen erhöhten Widerstand gegenüber Versagen. Diese von außen eingebrachte Zähigkeitssteigerung oder „Pseudoduktilität“ lässt sich zum Beispiel durch eingebettete Fasern erreichen, die sich bildende Risse überbrücken, ablenken oder sich plastisch verformen. Ein erfolgreiches Beispiel für dieses Konzept sind keramikfaserverstärkte Keramiken.
Im Rahmen des Projektes „Plasma-Wand-Wechselwirkung“ wurde diese Idee auf Wolfram übertragen. Dabei wird das Metall mit beschichteten Langfasern aus gezogenem Wolframdraht verstärkt. In Labormengen wurden bereits Proben des neuartigen Materials hergestellt. Tomographische Untersuchungen mit hochenergetischer Synchrotronstrahlung zeigten, dass die Mechanismen der Zähigkeitssteigerung im Prinzip funktionieren und die Stabilität gegenüber Versprödung tatsächlich zunimmt. In Biegeversuchen an größeren Proben wurden ein stabiles Risswachstum und eine Verdoppelung der Lastaufnahmefähigkeit und damit Zähigkeit beobachtet.
Nach diesem „proof of principle“ wird nun im nächsten Schritt untersucht, ob wolframfaserverstärktes Wolfram auch für den Einsatz im Fusionskraftwerk geeignet ist („proof of concept“) und damit zur Lösung des Problems der Leistungsabfuhr beitragen kann. Dazu muss vor allem der Herstellungsprozess verbessert werden, um größere und reproduzierbare Proben herstellen zu können. Auch eine ausführliche Materialqualifizierung steht noch aus. Diese Arbeiten laufen in enger Zusammenarbeit mit dem Bereich Plasmaphysik des Instituts für Energie- und Klimaforschung im Forschungszentrum Jülich. Zudem werden die werkstoffwissenschaftlichen Grundlagen dieses neuen Materials genau untersucht. Ein wichtiges Anliegen ist dabei auch die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses.