Zonal Flows und Strukturbildung in turbulenten Plasmen
Die Arbeitsgruppe erforscht Zonal Flows mit massiv parallelen Computersimulationen von Plasma- und planetarischer Turbulenz. Das Ziel ist die Vorhersage ihrer Langzeitentwicklung und das Verständnis der experimentell beobachteten scharfen Übergänge zwischen verschiedenen Strömungsmustern.
Zonal Flows in großen Gasplaneten
Jeder hat schon einmal beobachtet, wie eine Strömung — etwa von Milch, welche man in eine Tasse Kaffee gießt — in kleinere und kleinere Wirbel zerfällt, bis sie vollkommen verschwunden ist. Ein überraschendes und ungewöhnliches Verhalten zeigt die Turbulenz auf den großen Gasplaneten Jupiter und Saturn, welche durch den starken Temperaturunterschied zwischen Zentrum und Oberfläche entsteht: Anstatt in immer kleinere Wirbel zu zerfallen, erzeugt die Turbulenz planetenumspannende Ost- und Westwinde. Diese sogenannten "Zonal Flows" sind sehr deutlich auf Aufnahmen der Planeten zu erkennen durch die mit ihnen verbundenen dunklen und hellen Wolkenbänder, die sich an diese in Ost-Westrichtung anschmiegen.
Zonal Flows in magnetisierten Plasmen
Konvektive Turbulenz findet sich auch in den torusförmigen Plasmen von Fusionsreaktoren des Tokamak- oder Stellaratortyps wegen der enormen Temperaturunterschiede zwischen Zentrum und Rand. Analog zum Fall der Gasplaneten erzeugt diese Turbulenz auch hier globale Strömungen, diesmal entlang des kleinen Umfangs. Dies verursacht auffällige Bandstrukturen im elektrischen Potenzial, welche jeweils eine komplette torusförmige Flussfläche umspannen, analog den Wolkenbanden auf dem Jupiter. Die Turbulenz wird wiederum durch die globalen Strömungen stark gedämpft, was günstig für den Plasmaeinschluss ist und den technischen Aufwand für ein brennendes Fusionsplasma stark reduziert.
Massiv parallele Turbulenzsimulationen
Die theoretische Erforschung der Zonal Flows erfordert die Simulation der zugrunde liegenden Turbulenz, was in ausreichender Präzision und Umfang nur auf massiv parallelen Rechnern mit tausenden von Prozessoren mittels entsprechend programmierten Computercodes möglich ist. Dafür wird der nichtlokale Zweiflüssigkeitscode NLET für die Plasmaturbulenz sowie der anelastische kartesische Code NAN für die planetare Turbulenz entwickelt und weiterentwickelt.
Die Langzeitvorhersage des Verhaltens der Zonal Flows würde zum einen die Extrapolation von gegenwärtigen Fusionsexperimenten auf größere Maschinen wie Iter auf eine sicherere Basis stellen. Auf der anderen Seite würden sich neue Möglichkeiten eröffnen, Zonal Flows künstlich zu beeinflussen, um den Einschluss des Plasmas zu verbessern, was die Kosten und Komplexität der Kernfusion drastisch reduzieren könnte.
Für die planetaren Zonal Flows dürften die erwarteten Ergebnisse die beobachteten Strukturvariationen auf den verschiedenen Planeten erklären und Voraussagen für die entsprechenden Strömungen auf den unlängst entdeckten extrasolaren Gasplaneten ermöglichen.
6D Simulation von Turbulenz in Tokamaks
Der interessanteste Teil der Zonal-Flow-Physik in magnetisch eingeschlossenen Plasmen passiert an der Vakuumgrenze, der sogenannten "Edge". Wenn in einem Tokamak der Wärmefluss durch die Edge eine gewisse Schwelle überschreitet, führt das im Experiment zu einem plötzlich Sprung in einen Zustand mit verbessertem Plasmaeinschluss, der "high confinement mode" oder "H-mode" (Hocheinschlusszustand). Dieser Effekt ist für alle gegenwärtigen und geplanten Tokamaks unverzichtbar. Die Verbesserung ist genau an der Edge lokalisiert und geht dort einher mit dem Anwerfen einer starken umlaufenden Strömung, von der man annimmt, dass sie die Ursache der Einschlussverbesserung ist.
Trotz Dekaden theoretischer Forschung liegt das Verhalten der Edge und die genaue Ursache der H-mode noch zu großen Teilen im Dunklen, weil es bisher noch nicht möglich war physikalisch exakte Simulationen der dortigen Turbulenz auszuführen. Die bekannten Ansätze dazu nähern die Bewegung der Plasmateilchen (z.B. durch Gyrokinetik oder Mehrflüssigkeitstheorien) um die Berechnungen abzukürzen. Diese Näherungen brechen aber in der Edge zusammen, weil dort die Fluktuationen sehr groß, elektrische und magnetische Kräfte auf die Plasmaionen vergleichbar und Stöße wichtig werden.
Wir arbeiten daran, diese Beschränkungen zu entfernen. Ein vielversprechender Ansatz ist es tatsächlich die volle Teilchenbewegung zu beschreiben. Das erfordert zwar höheren Zeitaufwand bei der Berechnung, vereinfacht aber die Gleichungen ganz wesentlich, was besonders strukturierte und optimierte numerische Methoden erlaubt.
Ausgewählte Publikationen
Tokamak Zonal Flows:
Planeten: