Japanisch-europäische Fusionsanlage JT-60SA ist fertiggestellt
Tokamak mit supraleitenden Magnetspulen / lange Hochleistungs-Plasmapulse geplant
Die im Jahr 2013 in japanisch-europäischer Zusammenarbeit begonnene Montage der Fusionsanlage JT-60SA wurde Ende März 2020 abgeschlossen. Bis zum Betriebsbeginn des internationalen Testreaktors ITER ist JT-60SA nun die weltweit größte und fortschrittlichste Anlage vom Typ Tokamak. Sie soll ITER ergänzen und die Datenbasis für ein späteres Demonstrationskraftwerk vergrößern.
Parallel zum Aufbau des internationalen Testreaktors ITER im französischen Cadarache arbeiteten zwei der sieben ITER-Partner – Europa und Japan – während der vergangenen sieben Jahre gemeinsam an der Montage der deutlich kleineren Fusionsanlage JT-60SA. Standort dieses ITER-Begleiters ist das japanische „National Institute for Quantum and Radiological Science and Technology“ in Naka. Am 31. März 2020 wurde die Montage abgeschlossen, meldete das Institut – die Betriebsvorbereitungen können beginnen. „Zu dieser großartigen Gemeinschaftsleistung gratuliere ich den beteiligten Teams von Herzen“, sagt Professor Hartmut Zohm vom Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Garching.
Mit einem Volumen von 130 Kubikmetern wird JT-60SA zwar nur auf ein Sechstel des ITER-Plasmas kommen, erreicht jedoch leicht die Kenngrößen des Joint European Torus JET, der zurzeit größten Fusionsanlage weltweit. Der vor gut 30 Jahren in Betrieb genommene JET hat bereits gezeigt, dass sich durch Kernverschmelzung in einem heißen, durch magnetische Felder eingeschlossenen Plasma Energie gewinnen lässt: Erzeugt wurde eine Fusionsleistung von 16 Megawatt; 65 Prozent der aufgewendeten Heizleistung wurde dabei per Fusion zurückgewonnen. Für einen Nettogewinn an Energie ist das JET-Plasma allerdings zu klein. Dies ist die Aufgabe des Experimentalreaktors ITER, der 500 Megawatt Fusionsleistung erzeugen soll – zehnmal mehr, als zur Aufheizung in das Plasma eingespeist wird.
Anders als JET und ITER, die mit Plasmen in der Kraftwerksmischung aus Deuterium und Tritium arbeiten können, wird sich JT-60SA – wie alle übrigen Fusionsanlagen weltweit – auf Modellplasmen aus leichtem Wasserstoff und Deuterium beschränken. Stattdessen ist es Aufgabe von JT-60SA, den Testreaktor ITER zu ergänzen und die Datenbasis für ein späteres Demonstrationskraftwerk zu vergrößern. Deutlich vor dem ITER-Start will man bis zu hundert Sekunden lange Hochleistungs-Plasmapulse untersuchen, wozu die Anlage mit supraleitenden Magnetspulen ausgerüstet ist, in denen der Strom nahezu verlustfrei fließt. „Weltweit gibt es neben JT-60SA keine weitere Maschine dieser Größe“, sagt Professor Hartmut Zohm, „die lange andauernde, d.h. quasi stationäre Plasmen für ein künftiges Demonstrationskraftwerk untersuchen kann. Die Plasmapulse des JET sind – wegen seiner Magnetspulen aus Kupfer – nicht lang genug.“
Der internationalen Projektgruppe von JT-60SA arbeiteten während des Aufbaus ein japanisches Team mit Sitz in Naka und ein europäisches Team in Garching zu. Sie überwachten die Herstellung und Zulieferung der Bauteile, die in Europa und Japan gefertigt wurden. Die beiden Teams werden nun auch die Betriebsvorbereitungen gemeinsam bestreiten – wegen der Corona-Krise teilweise auch aus der Ferne per Online-Datenaustausch mit den Kontroll-Computern in Naka.
Die anschließende Nutzung der Anlage regelt ein kürzlich unterzeichnetes japanisch-europäisches Abkommen. „Die Europäische Union hat mehrere hundert Millionen Euro in den Aufbau von JT-60SA investiert“, so Professor Hartmut Zohm. „Entsprechend garantiert das neue Abkommen Europa nun auch eine privilegierte Rolle bei der wissenschaftlichen Auswertung der Anlage.“ Gemeinsam mit anderen Tokamaks – wie ASDEX Upgrade in Garching – wird JT-60SA dazu beitragen, zunächst den ITER-Betrieb und anschließend ein Demonstrationskraftwerk vorzubereiten.